Was macht einen guten Lehrer aus?
Für einen Schüler ist der Lehrer eine der wichtigsten Bezugspersonen überhaupt. Dementsprechend sollte der Pädagoge nicht nur schulisches Wissen vermitteln, sondern auch ein menschliches Vorbild sein und seinen Schülern Kompetenzen mit auf den Weg geben, die sie in ihrem ganzen Leben benötigen. Dazu zählen zum Beispiel Disziplin, Ausdauer und Zielstrebigkeit.
Allerdings empfindet mancher Pädagoge die anspruchsvollen Aufgaben, die ein Lehrer in seinem beruflichen Alltag hat, als zu eintönig. So hat Berner Roland Bachmann vor acht Jahren seinen Job als Lehrer gekündigt und sich in Vollzeit dem Pokern im Casino gewidmet. Damit bestreitet er bis heute seinen Lebensunterhalt.
Positives Verhältnis
Geografie, Geschichte, Mathematik, Französisch – die Bereiche, in denen ein Schüler im Unterricht Wissen vermittelt bekommt, sind vielzählig. Mehrere Stunden am Tag widmet er sich den Aufgaben und Inhalten, die ihm seine Lehrer vorgeben. Sowohl die Wissensvermittlung als auch der zeitliche Aspekt machen den Lehrer zu einer wichtigen Bezugsperson für einen Schüler. Wie der neuseeländische Pädagoge John Hattie durch die Analyse hunderter Studien herausgefunden hat, kommt es beim Unterrichtserfolg weniger auf Faktoren an, die gemeinhin als förderlich angesehen werden. Die Größe der Klasse oder längeres Lernen ordnen sich demnach einem Umstand unter: dem positiven Verhältnis, das Schüler und Lehrer zueinander haben. Nicht umsonst hat der Theologe Erasmus von Rotterdam mal den klugen Satz geschrieben: „Der erste Schritt zum Lernen ist die Liebe zum Lehrer.“ Auch wenn die schulischen Leistungen unabhängig von der Lehrkraft sein sollten, haben Schüler mehr Lust auf den Unterricht, wenn sie den Mann oder die Frau an der Tafel mögen.
Das nutzt ein guter Lehrer aus, indem er seine Schüler zu Fleiß und Disziplin ermutigt. Kompetenzen wie diese sind zwar nicht explizit Teil des Lehrplans, helfen einem Schüler in seinem späteren Leben aber mindestens genauso wie die Fähigkeit, ein Gedicht zu interpretieren oder eine Kurvendiskussion durchzuführen. Ein guter Lehrer trägt seine Leidenschaft fürs Unterrichten nach außen und verfolgt eine klare Linie – und zwar sowohl gegenüber seinen Schülern als auch ihren Eltern. Zudem ist er in der Lage, zu erkennen, welche Stärken jeder einzelne seiner Schüler hat, und fördert diese in der täglichen Arbeit mit ihnen.
Der Lehrer muss selbst klug sein
Ein logischer Aspekt, der einem Lehrer Kompetenz verleiht, ist auch das Beherrschen des Stoffes, den er vermittelt. In einer kürzlich veröffentlichten Studie, die unter anderem vom Ifo-Institut in München durchgeführt wurde, wurden die Fähigkeiten von Lehrern in den Bereichen Lesen und Rechnen überprüft. Teilnehmer waren Lehrkräfte aus den 31 Industriestaaten der OECD. Dabei zeigte sich ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen den Fähigkeiten der Lehrer und den Leistungen ihrer Schüler. So schnitten die Lehrer aus Japan und Finnland in der Studie am besten ab – ebenso wie die Schüler aus diesen beiden Ländern regelmäßig in der PISA-Studie vordere Plätze belegen.
Bei der Untersuchung stellte sich außerdem heraus, dass die Kompetenzen eines Lehrers mit seinem Einkommen zusammenhängen. Interessant war darüber hinaus die Erkenntnis, dass ein Kollegium im Schnitt besser lesen und rechnen kann, je höher sein Anteil von weiblichen Lehrern ist. Schlüsselt man die Ergebnisse nach Ländern auf, dann ist eine große Diskrepanz zu erkennen. Japanische und finnische Lehrer haben demnach einen erheblichen Vorsprung gegenüber Pädagogen aus Chile und der Türkei.
Vom Unterrichten zum Pokern
Roland Bachmann war es irgendwann zu viel, als Bezugsperson für Dutzende Personen zu fungieren. Vor allem aber hatte der studierte Pädagoge das Gefühl, dass das Unterrichten nach einigen Jahren zur Routine wird. Daher hat er sich voll und ganz seinem Hobby gewidmet: dem Pokern. Bereits vor zwölf Jahren hat er in einem Online-Casino 50 Franken eingezahlt. Sein Einsatz war maximal fünf Franken pro Spiel, und er hat sich vorgenommen, dass er mit dem Spielen aufhören würde, wenn das Geld aufgebraucht ist. Weil er sein Startguthaben nie verloren, sondern vielmehr vermehrt hat, blieb er beim Pokern und gab vor acht Jahren seinen Job als Lehrer auf. Inzwischen geht er zwei Mal pro Woche ins Grand Casino Bern und trainiert an einem weiteren Tag zu Hause. Außerdem besucht er zuweilen internationale Turniere und liest theoretische Bücher übers Pokern. Letzteres ist für ihn zwar ebenso eintönig wie das Unterrichten, allerdings ist es unabdingbar für seinen Erfolg.
Denn ansonsten bietet ihm das Pokern jede Menge Abwechslung, was er sehr zu schätzen weiß. Jeder Spieler, gegen den er antritt, hat eine andere Strategie und legt ein anderes Verhalten an den Tag. Für Bachmann hat es sich auf jeden Fall gelohnt, mit dem Unterrichten aufzuhören, weil er auf einem anderen Gebiet seine Erfüllung gefunden hat.